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Die Camera obscura in Hainichen

Am 01.Mai 1883 hielt der Verschönerungsverein Hainichen seine erste Generalversammlung ab. Zu den ersten Aktivitäten gehörte die Bepflanzung des Rahmenberges. Dabei hatte wohl eines der damals weit über 200 Mitglieder die famose Idee, den Bürgern der Stadt Hainichen eine Camera obscura zu stiften. Namentlich wollte der edle Spender damals nicht genannt werden, heute wird in diesem Zusammenhang der Kaufmann Richard Leonhardt genannt.

Was aber ist eine Camera obscura?

Die wörtliche Übersetzung "dunkle Kammer" kommt der Sache schon recht nahe. Ursprünglich nur durch ein kleines Loch, später verfeinert durch eine Konstruktion aus Spiegel und Linse fällt Licht in die Kammer und bildet die Umgebung ab. Und das ohne Elektronik in Echtzeit und in Farbe!
 
Aristoteles erkannte schon im 4.Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung das Prinzip. Später um 1490 hat Leonardo da Vinci festgestellt, dass unser Auge nach dem selben Prinzip aufgebaut ist. Die Älteren unter uns werden vielleicht noch wissen, wie man eine solche Lochkamera mit einfachen Mitteln bauen kann. In den Boden einer (leeren) Konservendose sticht man ein kleines Loch und befestigt gegenüber ein Stück Transparentpapier. Auf dieser Mattscheibe sieht man dann ein kopfstehendes Spiegelbild der Umgebung vor dem Loch.
 
Lange vor der Erfindung der Fotografie machten sich bekannte Maler die Entdeckung in Form der "Zeichenkamera" zu nutze, um ihre Bilder maßstäblich und perspektivisch richtig festzuhalten. So hat z.B. Bernardo Belotto (Canaletto) eine solche Kamera benutzt, wahrscheinlich auch für seine Stadtansichten von Dresden und Pirna.
Camera obscura
Camera obscura
Ähnlich funktionierten die ersten Fotoapparate, das Transparentpapier wurde durch eine lichtempfindliche Platte ersetzt. Diese konnte durch chemische Prozesse das Bild speichern, damals allerdings noch nicht farbig. Auch wenn unsere modernen Digitalkameras kaum mit einer Camera obscura vergleichbar sind, das Funktionsprinzip ist immer noch das selbe!
 
In Deutschland soll es heute nur drei vergleichbare Anlagen geben. Die älteste hat ein Uhrmacher 1852 auf der höchsten Stelle des Berges Oybin als Touristenattraktion errichtet. Seit 1992 gibt es in Mühlheim an der Ruhr eine Camera obscura. Die schönste aber steht in Hainichen!
Ursprünglich war die Camera obscura nur ein einfaches Häuschen aus Holz. Im Jahre 1908 erhielt sie einen steinernen Unterbau. Ein Modell davon ist seit diesem Jahr auch im "Kleinen Erzgebirge" in Oederan zu bewundern. In der Zeit der DDR wurde die Camera mehrfach Opfer sinnloser Zerstörungswut und war fast dem Verfall preisgegeben. Es ist engagierten Zeitgenossen zu verdanken, daß wichtige Bauteile gesichert wurden, um einen Wiederaufbau zu ermöglichen. Camera obscura
Seit der 800-Jahrfeier 1985 können sich die Hainichener und ihre Gäste wieder an der Camera obscura auf dem Rahmenberg erfreuen. Da inzwischen auch die Bäume um den Rahmenberg gewachsen waren, wurde die Camera obscura nun auf einem neuem, 11 m hohem Turm montiert. Von hier aus kann man bei klarem Wetter gut das Treiben in den Straßen der Stadt beobachten, sogar die Autobahn und der Rossauer Wald sind deutlich zu sehen.
Dazu wird das Licht durch einen dreh- und schwenkbaren Spiegel von der Dachspitze nach unten durch eine Sammellinse auf den runden Projektionstisch gelenkt. Zur Scharfstellung kann der Tisch in der Höhe verstellt werden. Camera obscura
Camera obscura
Heute ist die Camera obscura wieder ein Besuchermagnet.
Hainichen hat ein Maskottchen, welches der Camera nachempfunden ist.
Als Sparbüchse ist ein Modell der Camera obscura in der Töpferei am Wehr erhältlich.